Welche Absagen ich liebe


Kategorie: Managen Reden
| 03.03.2015 | 0 Kommentare

Was? Ich liebe Absagen? Nein, natürlich nicht. 
 
Dann lassen Sie mich lieber anders anfangen: Die schlimmsten Absagen sind die, die gar nicht als Absagen rüberkommen. Von denen man erst später merkt, dass sie Absagen sind.
 
Also: Ich hatte vor einigen Tagen einen Messestand auf dem Kongress Christlicher Führungskräfte. Dabei ist mir folgendes aufgefallen. Etliche Besucher schauten sich meine Publikationen an und sagten dann beim Weggehen: „Ich komme nachher nochmals vorbei.“
 
Taten sie aber nicht. Soll ich Ihnen sagen, wie ich dieses Versprechen einordne? Wollen Sie das wirklich wissen? Ich glaube, es war eine Lüge.
 
Kann man das so hart sagen? Ja. Warum nicht? Sie sind nicht wiedergekommen. Punkt. Warum aber haben sie das Gegenteil versprochen?
 
Dafür kann es meiner Meinung nach zwei Gründe geben. 
 
Der erste Grund: Sie wollten gar nicht wiederkommen, trauten sich aber nicht, dies zu sagen. Weil es ihnen unangenehm war. Weil sie mich schonen wollten. Weil sie die Stimmung nicht vermiesen wollten. 
 
Der zweite Grund: Sie wollten zwar wiederkommen. Aber es ist ihnen etwas anderes dazwischengekommen. Oder sie haben meinen Stand nicht mehr wiedergefunden. Oder sie haben sich ein Bein gebrochen. Oder sie haben es einfach vergessen. Mit einem dieser Gründe komme ich schon besser klar. Aber als derjenige, der die Zusage erhält, habe ich trotzdem nichts davon. Nicht wiedergekommen ist nicht wiedergekommen. Die Zusage wurde nicht eingelöst. Sie wurde nicht „wahr" gemacht.
 
Wenn Sie mich fragen, halte ich jedoch den ersten Grund für wahrscheinlicher. Ich kenne mich doch selbst. Auch mir fällt es nicht leicht abzusagen. Den alten Römern auch nicht. Sonst gäbe es nicht den folgenden Spruch von Publilius Syrus:
 

„Wer eine Absage schnell erhält, wird weniger enttäuscht sein.“

Publilius Syrus: Sententiae M 25 (Übersetzung von mir)


Wenn ich wollte, könnte ich das lateinische Wort „decipitur“ statt mit "enttäuscht" auch mit „getäuscht“ übersetzen. Also: Publilius Syrus und ich sind da einer Meinung. Eine scheinbare Zusage, die nicht eingelöst wird, ist Täuschung, zu deutsch: Lüge.
 
Wie das bei Lügen so ist: Wenn überhaupt, helfen sie nur kurzfristig weiter, wie schon Salomo sagt:
 

„Süß ist dem Mann das Brot der Lüge, aber hinterher ist sein Mund voll Kies.“

Salomo: Sprüche 20,17


Was heißt das im Fall einer Zusage, die eigentlich eine Absage ist? Der Käufer oder besser: Nicht-Käufer ist im Moment fein heraus. Bloß, wenn er mir später auf der Messe über den Weg läuft, muss er damit rechnen, von mir gefragt zu werden, wann er denn jetzt wirklich kommt. Also, das Problem ist nur verschoben. Dann doch lieber gleich den klaren Schnitt.
 
Das gilt erst recht, wenn man das Ganze aus dem Blickwinkel des Verkäufers betrachtet. Eben auf diesem Kongress fragte ich einen Altersvorsorge-Experten, wie viel Zeit ihn die Vertröstungen durch Nicht-Kunden gekostet haben. Er sagte: „Ich drücke es in zwei Worten aus: ‚Zu viel.’“
 
Das Vertrösten kann auch in anderer Form geschehen. Besonders beliebt ist die Formulierung „Ich überleg es mir nochmals.“ Seltsamerweise entscheiden sich (fast) alle, die es sich überlegen, gegen den Kauf. Komisches Phänomen, oder?
 
Also, wir beide machen das hoffentlich anders: Wir sagen ab. Freundlich, aber deutlich. Dann wissen beide Seiten Bescheid. Anders liegt der Fall übrigens, wenn Sie um einen Gefallen gebeten werden und sich selbst nicht sicher sind, ob Sie zusagen oder absagen sollen. Dazu gibt es hier einen anderen Artikel.
 

Die Frau, die wiederkam

 
Genug gejammert. Es gibt sie noch, die wahren Wiederkommer! Eine Frau kam tatsächlich wieder. Sie kam, sah und kaufte. Da es sich um ein so seltenes Exemplar handelte, habe ich sie sogleich fotografiert und nach ihrem Namen gefragt: Martina Rosemeier heißt sie. Sie ist Beraterin und Trainerin „zu Persönlichkeit, Typ und Image“. So steht es auf ihrer Visitenkarte
 
Ob sie ihren Job gut macht? Das kann ich nicht beurteilen. Was ich weiß: Die Frau hält ihre Zusagen ein. Und wenn sie das als Kundin tut, wird sie es als Lieferantin erst recht tun.

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