Wie Sie Räuber davon überzeugen, Ihnen Ihre Dokumente zu lassen


Kategorie: Leben
| 17.09.2015 | 2 Kommentare

Ich hoffe, Sie kennen die Situation nicht, aber es könnte sein, dass Sie sie einmal erleben werden (was ich nicht hoffe): Jemand zwingt Sie mit Messer oder Pistole, ihm Ihre Tasche, Ihr Geld, Ihre Uhr oder was auch immer zu geben. Heute habe ich einen Tipp für Sie, wie Sie - wenn Sie Glück haben - das Wichtigste behalten können.
 
Den Tipp habe ich von Henrique, der letzte Woche an einem meiner Seminare teilgenommen hat. Henrique ist Brasilianer und in Rio zweimal im Bus überfallen worden (Das sei eine gute Quote, meinte er. Er sei Tausende von Malen mit dem Bus gefahren). Beide Male schaffte er es, den Räuber davon zu überzeugen, ihm das Wichtigste zu lassen.
 
Sein Trick? Wenn ich ihn verrate, sagen Sie vielleicht: „Oh, wie einfach!“ - Ja, der Trick ist einfach (Sie sehen, ich zögere die Antwort der Spannung halber noch etwas hinaus). Aber das heißt noch lange nicht, dass er von vielen angewendet wird.
 
Der Trick war - dass er … dass er danach fragte! Der Trick ist uralt. Schon in der Bibel heißt es:
 
"Bittet, so wird euch gegeben."
Matthäus 7,7
 
Etwas weniger gehoben formulierte dies Werner von Siemens:
 
„Wer was haben will, muss auch darum bitten."
Werner von Siemens in einem Brief vom 3. April 1857 an seine Frau Mathilde, abgedruckt in: Aus einem reichen Leben.  Werner von Siemens in Briefen an seine Familie und an Freunde, ausgewählt und herausgegeben von Friedrich Heintzenberg, 3. Auflage, Stuttgart 1954, S. 143.
 
So einfach? Nein, ganz so einfach ist es nicht. Henriques Rat, wenn Sie einem Räuber gegenüberstehen und Ihre Papiere retten wollen, heißt: Fragen Sie danach, aber -  tun Sie alles, damit er das Gefühl hat, die Situation unter Kontrolle zu haben.
 
Henrique gab also seinen Rucksack dem Mann, und bei der Übergabe fragte er, ob der Mann seine Papiere aus dem Rucksack holen und ihm wiedergeben könne. Und so geschah es.
 
Dasselbe Spiel, als ein Mann ihn aufforderte, ihm seinen Schmuck und seine Uhr zu geben. Er gab es ihm und beim Abmachen und Überreichen der Uhr sagte er, sie sei ein Erbstück, und fragte, ob er sie behalten könne. Und so geschah es. 

Heißt das, dass das immer klappt? Woher soll ich das wissen? Was ich nur weiß: Wenn Henrique nicht gefragt hätte: Von selbst wären die Männer nicht darauf gekommen, ihm seine Papiere und seine Uhr zu lassen.

Ähnliche Artikel im Blog:
» Buch-Tipp:

Schlagworte:
Kommentare: 2

Henrique | 15:50 Uhr | 17.09.2015
Herr Lengen, Sie haben die Geschichte sehr gut erzählt. Eigentlich wusste ich selber nicht, dass ich was daraus lernen könnte. Vielleicht gibt es Gelegenheiten, wo ich mehr um etwas bitten sollte, und nicht nur wenn ich ausgeraubt werde.
Thilo | 14:27 Uhr | 08.10.2015
Jawoll, warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Ich hatte damals persönlich weniger Glück. Ein Taschendieb im Bus bestahl mich, ohne dass ich es merkte. Papiere waren weg. Das Teuerste an solcher Angelegenheit ist ja die Wiederbeschaffung des Plastikgeldes und der Ausweise...
Schön finde ich, auch als Raubopfer jetzt einen Meistertrick gegen das Schlimmste in Petto zu haben. Danke!
Kommentar schreiben:

Bitte kreuzen Sie das Feld an bzw. lösen Sie das Bilderrätsel:


Ihr Kommentar wird nach Prüfung freigegeben und veröffentlicht.