Wütende Anrufer – So beruhigen Sie sie und sich selbst


Kategorie: Leben
| 29.11.2016 | 0 Kommentare

„Was Sie da abliefern, ist große Scheiße!“ oder „Sie sind einfach nur unfähig!“ oder  „Grrr*+*!!“ – was tun, wenn Sie es mit einem solchen Anrufer zu tun haben?
 
In meinen Seminaren trainiere ich den Ernstfall und spiele einen solchen Anrufer. (Ist das nicht toll? Ich beleidige meine Kunden und werde dafür noch bezahlt! Die Seminarteilnehmer werden daraufhin so neidisch, dass sie in den Rollenspielen liebend gern selbst den Part des Beleidigers übernehmen.)
 
So, jetzt aber die Tipps für den Ernstfall!
 
Das Wichtigste zuerst: Sie können den Anrufer nicht ändern. Meistens werden Sie den Anlass der Wut nicht beseitigen können. Das Einzige, was Sie immer beeinflussen können: sich selbst. Wenn Sie es schaffen, Ihre Gefühle zu managen, ist das die halbe Miete. Denn nur so können Sie freundlich bleiben und somit den Anrufer gewinnen.
 
Jetzt aber wirklich: die Tipps.
 
 
1)  Verständnis hilft Dir und dem Anrufer
 
Wie geht es Ihnen, wenn Sie unter schlechtem Service zu leiden haben? Wenn das Internet seit Wochen nicht funktioniert und ein Anbieter die Schuld auf den nächsten schiebt? Oder wenn Ihr Auto oder Haus schwer beschädigt wurde und Sie die ganzen Scherereien am Hals haben? Oder wenn es privat nicht so gut läuft und nun der letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt? Bleiben Sie dann immer ruhig?
 
Wenn Sie es also selbst mit einem aufgebrachten Menschen zu tun haben, hören Sie auf Madam de Stael:
 
„Alles verstehen macht sehr nachsichtig.“

Aus dem Kapitel „Fragment der Gedanken von Corinne“, dem 5. Kapitel des 18. Buches von: Madame de Staël: Corinne ou l’Italie (Erstausgabe Paris 1807), herausgegeben von Simone Balayé, Paris 1985, S. 520.
 

Haben Sie Verständnis! Und zeigen Sie dieses Verständnis dem Anrufer. Und wenn er sich danebenbenommen hat? Dann erst recht! Zeigen Sie auch dafür Verständnis, zum Beispiel mit den Worten „Ich kann gut verstehen, dass Sie so aufgebracht sind.“
 
Manchmal wird Frau de Staels Spruch auch zitiert als „Alles verstehen heißt alles verzeihen.“. Das hat sie so zwar nicht gesagt, aber es bringt mich zum nächsten Punkt:
 
 
2)  Vergebung hilft Dir am allermeisten
 
Verständnis heißt nicht Einverständnis. Es ist nicht okay, wenn Sie beleidigt werden. Überhaupt nicht okay. Nur weil jemand Kunde ist, hat er nicht das Recht, Sie schlecht zu behandeln. Doch was bringt es Ihnen, wenn Sie zurückschießen? Oder wenn Sie es runterschlucken? Oder wenn Sie den Groll mit sich herumtragen?
 
Nein, am einfachsten und schwersten zugleich: Vergeben Sie dieser Person. Dazu bedarf es keiner Worte. Wenn Sie es in Ihrem Herzen für sich abmachen, reicht das aus. Und Sie haben es deutlich leichter, freundlich zu bleiben.
 
 
3)  Es hat nichts mit Dir zu tun
 
Warum zeckt es so, wenn jemand uns gegenüber aufgebracht ist? Weil wir es automatisch auf uns beziehen. Aber Moment mal: Ist es in Ihrer Verantwortung, dass das Internet beim Kunden nicht funktioniert? Haben Sie den Schaden an seinem Auto verursacht? Können Sie etwas dafür, dass er im Moment Probleme mit seinem pubertierenden Sohn hat?
 
Also: Mir hilft es dabei, freundlich zu bleiben, wenn ich mir sage: „Ralf, es hat nichts mit Dir zu tun.“
 
 
4)  Für die Anrufer bist Du der Schuldige
 
Halt, wir haben doch gerade gesagt: „Es hat nichts mit Dir zu tun.“ – Ja, das stimmt. Und das gilt für Sie. Doch für den Anrufer gilt: Verantwortlich ist der, den ich jetzt gerade am Telefon habe.
 
Dazu fällt mir eine schöne Geschichte ein, die Herbert Henzler, der langjährige Chef von McKinsey Deutschland einmal bei einer Buchvorstellung erzählte: Als Student war er von Shell angestellt und versorgte Tankstellen mit Öl. Als er einmal das bestellte Öl nicht mitbringen konnte und sich damit verteidigte, dass er dafür nichts könne, schaute ihn der Tankwart an und sagte: „Für mich sind Sie Herr Shell.“
 
Also, auch wenn Sie es nicht gern hören, für den Anrufer sind Sie „Herr Shell“ oder wie immer Ihr Unternehmen heißt. Übernehmen Sie die Verantwortung. Dafür werden Sie bezahlt. Womit ich zum fünften und letzten Punkt komme.
 
 
5)   Du bekommst dafür Schmerzensgeld
 
Ich hatte einmal ein Coachinggespräch mit einer Projektmanagerin. Sie beklagte sich darüber, dass die Kollegen spät lieferten und schlecht lieferten. Dass sie ihnen immer hinterherlaufen musste. Ich fragte sie daraufhin: „Was würde eigentlich passieren, wenn alle immer pünktlich ausgezeichnete Arbeit abliefern würden?“ Sie fing daraufhin an zu lachen und sagte: „Dann wäre ich arbeitslos.“
 
Eben. Sehen Sie es als Teil Ihres Jobs an, der nicht vergnügungssteuerpflichtig ist. Sie werden schließlich dafür bezahlt! Ich weiß, das hört sich jetzt sehr geldorientiert an, aber so ist es nun einmal.
 
Sie werden für Ihre Arbeit bezahlt. Dafür, dass Sie Ihre Zeit investieren. Dafür, dass Sie Ihre Kompetenz einbringen. Und dafür, dass Sie etwas tun, was nicht immer und jedem Spaß macht.
 
Ich habe diesen Tipp bewusst ans Ende gestellt, weil ich Ihnen den geldwerten Vorteil nicht als erstes ans Herz legen wollte. Und es sollte auch nicht ihr erster Gedanke sein, mit dem Sie sich trösten, wenn Sie es beim Ausüben Ihres Jobs mit unangenehmen Zeitgenossen zu tun haben. Aber: Wenn die anderen Tipps nicht helfen, dann greifen Sie getrost zu diesem Tipp. Sie werden sich dann besser fühlen. Glauben Sie mir! Ich habe es selbst ausprobiert.

Ähnliche Artikel im Blog:
» Ein weiterer Tipp von Herbert Henzler
» Gelassenheit und die richtigen Prioritäten dank tödlich guter Perspektive

Schlagworte:
Kommentare: 0

Kommentar schreiben:

Bitte kreuzen Sie das Feld an bzw. lösen Sie das Bilderrätsel:


Ihr Kommentar wird nach Prüfung freigegeben und veröffentlicht.