Das Steinbeck-Monroe-Wünsche-Paradox

Du kriegst es erst, wenn du es nicht mehr willst
Kategorie: Leben
| 19.08.2019 | 3 Kommentare

Kennen Sie das auch? Sie brauchen dringend neue Schuhe. Sie gehen daher einkaufen. Aber es ist wie verhext: zu teuer oder zu eng oder zu hässlich oder was auch immer.

Sie gehen schließlich einen Kompromiss ein und kaufen ein teures Paar Schuhe, die eng und hässlich sind. Und dann - einige Wochen später sehen Sie im Vorbeigehen das Traumpaar Schuhe: Die passen, sehen richtig gut aus und sind noch um 50 Prozent reduziert. Wie schön! Und: So ein Mist!

Der Schriftsteller John Steinbeck beschreibt dieses Phänomen folgendermaßen:
"Etwas dringend zu brauchen führt dazu, dass man es garantiert nicht bekommt. Wenn man es nicht will, dann bekommt man es. Ich habe mich ständig um Literaturpreise beworben, und ich bekam sie erst, als ich sie nicht mehr brauchte."

Conversations with Marilyn, 167
Steinbeck bringt ein weiteres Beispiel: Als er jung und arm war, bot ihm jemand einen Job in Hollywood an. Steinbeck sagte, er wolle keinen. "Fein", sagte daraufhin der Mann. "Jetzt bin ich sicher, dass ich dir einen Job besorgen kann." (Ebenda).

Tja, ich gestehe, das wirderspricht allem, was meine Seminarkollegen und ich so gerne den Leuten einbläuen: "Du brauchst eine Vision, und zwar eine mutige!" oder "Du brauchst Ziele." oder "Du musst hart arbeiten, um es zu bekommen." Wie soll ich das jetzt miteinander in Einklang bringen. Vielleicht schaffen Sie das. Ich bin gespannt auf Ihren Vorschlag im Kommentar.

Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass dieses Paradox "Du kriegst es erst, wenn du es nicht mehr willst" nicht nur beim Schuhkauf gilt, sondern auch im Berufsleben. So hatte ich mich mehrfach bemüht, ein Unternehmen als Kunden zu gewinnen. Ich zog alle Register, aber nix zu machen. Jahre später kam dieses Unternehmen auf mich zu. Einfach so. Ähnlich ging es mir mit dem Veranstalter einer Messe. Ich wollte unbedingt ins Seminarprogramm aufgenommen werden. Das wollte einfach nicht klappen. Irgendwann wurde ich von genau dieser Messe als Referent angefragt. Einfach so.

Noch ein prominentes Beispiel. Die Steinbeck-Geschichte erzählte ein Journalist Marilyn Monroe. Und was sagt sie darauf?
"Das ist die Geschichte meines Lebens. Eine Filmschauspielerin zu sein war nie so schön, wie davon zu träumen. Als ich beinahe aufgegeben hatte, funktionierte es auf einmal. Als ich nicht mehr die Star-Rollen bekommen wollte, wurde ich damit zugeschüttet."

(Ebenda)
Die traurige Nachricht zum Schluss: Dieses Paradox kann leider auch in Beziehungen greifen. Meint jedenfalls Marilyn Monroe:
"Dasselbe kann in persönlichen Bezieheungen passieren. Wenn Du keinen Partner willst, dann ergeben sich alle möglichen Gelegenheiten."
Nicht gerade geeignet als Werbung für Partnerbörsen.


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Kommentare: 3

Gregor | 09:31 Uhr | 08.11.2019
Ein schöner Blog. Meine Meinung zu dem Paradox: Wenn aus dem Wunsch eine "gefühlte" Notwendigkeit wird, so kann aus dem Wunsch nichts werden. Natürlich gilt es, etwas für seinen Wunsch zu tun, Feen und Zauberer werden nur in Märchen aktiv, doch hindert uns oft die eigene Verbissenheit daran, dass ein Wunsch wahr wird.

Auch hier gilt, man muss loslassen können, damit der Wunsch sich uns zuwenden kann.
Marcus Recksiek | 11:08 Uhr | 08.11.2019
Lieber Herr Lengen,
ich bin - Sie wissen das vermutlich von mir noch nicht - ein bekennender Effektuator. Das gibt es ein toll geschriebenes Buch "Effectuation" von Michael Faschingbauer (Lesetipp).

Ein Effectuator setzt sich wenige Ziele, hat vielleicht noch nicht mal eine Vision, sondern schaut, was er an Mitteln hat (Wer bin ich, was kann ich? Was weiß ich? Wen kenne ich, der mir helfen kann?). Dann schaut der Effektuator, was er damit tun kann und tut es. Und das zahlt dann hoffentlich auf möglichst viele Ziele ein, die man ggf. eh schon (eher groß gedacht) hat.

Dabei nimmt man eher Gelegenheiten wahr, nutzt entstandene günstige Situationen und manchmal auch den Kollegen Zufall.

Klar, das geht nicht immer. Aber es ist eine sehr gute alternative Vorgehensweise, fast schon agil :-)

Herzliche Grüße
Ihr
Marcus Recksiek
Manfred Reiter | 14:20 Uhr | 08.11.2019
Herzlichen Glückwunsch, lieber Herr Lengen, zum Steinbeck-Monroe-Wünsche-Paradox, wenn das mal keinen Nobelpreis in Lebenswissenschaften gibt - allein schon für den Namen, Respekt!
Herzliche Grüße,
Ihr
Manfred Reiter

PS. Ach übrigens, vielleicht löst ja der Zeitpunkt das Paradox auf; will heißen, dass es möglicherweise auch oft auf den Moment ankommt, wo alle Umstände und Bedingungen, objektive und subjektive, die wir zumeist gar nicht wahrnehmen oder erahnen können, die aber für die Erfüllung unseres Wunsches zwingende Voraussetzungen sind, zusammentreffen. Dann stehen Ihre Schuhe wie selbstverständlich im Laden und scheinen grinsend nur auf Sie zu warten ...
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